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Informationen zum Boykott der allgemeinen Studiengebühren an der Universität Karlsruhe

von Ansgar SonntagZuletzt verändert: 04.09.2024 23:40

Boykott FAQ vom UStA der Uni Karlsruhe

FAQ

Was wird boykottiert?


Unter Missachtung des internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte [1] hat das Land Baden-Württemberg zum Sommersemester 2007 allgemeine Studiengebühren in Höhe von 500 € pro Semester für nahezu alle Studierenden eingeführt.

Die Studierendenvertretungen in Baden-Württemberg fordern die Rücknahme dieses völkerrechtswidrigen Gesetzes. Dieses Ziel wird sowohl über einen sofortigen Boykott der Studiengebühren als auch durch Klagen vor den zuständigen Gerichten angestrebt. Sinn des Boykotts ist es politischen Druck zu erzeugen, um die Landesregierung zur Rücknahme der Änderungen des Landeshochschulgebührengesetzes (LHGebG)[2] zu zwingen.


Wer organisiert den Boykott?


Die Studierendenvertretungen in Zusammenarbeit mit Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälten. An der Universität Karlsruhe ist das der Unabhängige Studierendenausschuss (UStA) mit Unterstützung von Herrn Rechtsanwalt Rainer Hasenbeck aus Ettlingen [3]. Der UStA vertritt bei Verhandlungen mit der Hochschule oder der Landesregierung die Studierendenschaft.

In Karlsruhe nehmen alle sechs Hochschulen am Boykott teil, landesweit zahlreiche weitere. Entsprechende Initiativen gibt es gleichzeitig auch in vielen anderen Bundesländern.


Wie kann man mitmachen?


Du überweist die 600 € (500 € Studiengebühren, 40 € Verwaltungsgebühr, 60 € Studentenwerksbeitrag) auf das Treuhandkonto unter Angabe von Vorname, Nachname und x-stellige Kennung im Verwendungszweck. Diese Kennung erhaltet ihr, indem ihr euch auf der Selbstbedienungsseite der Uni einloggt (fricard.uni-karlsruhe.de) und zum Punkt Bezahlen und Rückmelden geht.


Wann geht es los?


Ab der 4. Januarwoche wird die Bankverbindung bei der Sparkasse Karlsruhe und die allgemeine Geschäftsbedingung vom UStA auf der Webseite www.usta.de, sowie durch Aushang und Verteilung von gedrucktem Informationsmaterial an der Universität, veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt sind Einzahlungen möglich.


Wozu sammelt man das Geld auf einem Treuhandkonto?


Das Treuhandkonto dient zur Feststellung der Anzahl der TeilnehmerInnen am Boykott, so wird ermittelt ob das Quorum erreicht ist. Weiter wird durch das Treuhandkonto nach Außen sichtbar, dass ein großer Teil der Studierendenschaft gemeinsam und geschlossen gegen das neue Gesetz vorgeht. Die Masse und die Geschlossenheit minimieren die Risiken der TeilnehmerInnen.


Was passiert mit dem Geld?


Am Stichtag, dem 23. März 2007, also kurz vor Ablauf der Rückmeldungsfrist (31. März 2007), wird die Mindestteilnehmerquote (Quorum) überprüft.


Dann gibt es folgende Alternative:


  1. Das Quorum ist erreicht:

Eine Vollversammlung wird einberufen, um über das weitere Vorgehen und den Zeitpunkt der Rückzahlung der verwalteten Gelder zu beraten und abzustimmen. Der UStA tritt stellvertretend für die Studierenden in Verhandlungen mit der Landesregierung und gegebenenfalls der Universitätsverwaltung.
Die Verwaltungsgebühr in Höhe von 40 € und der Studentenwerksbeitrag in Höhe von 60 € werden auf jeden Fall fristgerecht bis zum 31. März 2007 an die Universitätskasse weitergeleitet.


  1. Das Quorum ist nicht erreicht:

Die 500 € werden mit den 40 € Verwaltungsgebühr und den 60 € Studentenwerksbeitrag fristgerecht an die Universitätskasse überwiesen. Alle Teilnehmer sind zurückgemeldet, aber der Boykott gescheitert.


Unabhängig davon hat jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer jederzeit das Recht, unter Angabe des Namens und der Matrikelnummer, aber ohne Angabe von Gründen von der Teilnahme am Boykott zurückzutreten. Der eingezahlte Betrag wird innerhalb von zwei Wochen zurückgezahlt, soweit er nicht bereits ganz oder teilweise an die Universitätskasse weitergeleitet wurde.


Ist mein Geld sicher?


Das Treuhandkonto bei der Sparkasse Karlsruhe wird von Herrn Rechtsanwalt Rainer Hasenbeck aus Ettlingen betreut. Damit ist die Sicherheit des Geldes gewährleistet. Das Geld bleibt dein Eigentum, außer es wird im Falle des Scheiterns an die Uni überwiesen.


Wie viele müssen mitmachen/ Wie hoch ist das Quorum?


Auf der Vollversammlung wurde beschlossen [4], dass der Boykott dann durchgeführt wird, wenn mindestens eines der beiden folgenden Quoren erreicht wird:

  1. Bis zum Stichtag haben mindestens 4500 Studierende der Uni Karlsruhe (ca. 25%) ihr Geld auf das Treuhandkonto überwiesen.

  2. Zwei andere große baden-württembergische Hochschulen (je mindestens 3000 immatrikulierte Studierende) erreichen ihr Boykottquorum und bis zum Stichtag nehmen mindestens 3600 Studierende der Uni Karlsruhe teil (ca. 20%).


Was passiert mit den Zinsen?


Die Zinsen werden benötigt, um Anwalts-, Druck- und Materialkosten zu bezahlen. Sollte dennoch ein Überschuss entstehen, gehört dieser dem gemeinnützigen UStA Kasse e.V. und wird für soziale Zwecke der Studierendenschaft oder zur Förderung von Musterprozessen gegen Studiengebühren eingesetzt. Rechenschaft über die Verwendung der Gelder wird vor dem Studierendenparlament abgelegt; die Abrechnungen können von den Studierenden im UStA eingesehen werden.


Hat der Boykott noch einen Sinn?


Auf Grund massiven gesellschaftlichen Protestes mussten oft neu verabschiedete Gesetze zurückgenommen werden – das jüngste Beispiel sind die zurückgenommenen arbeitsrechtlichen Vorschriften in Frankreich. Ein Gesetz kann nicht gegen den Willen der Bevölkerung durchgesetzt werden.

Gerade jetzt, während der Einführung des neuen Gesetzes, ist ein konsequentes gesellschaftliches Engagement besonders wichtig und aussichtsreich.


Ist die Teilnahme am Boykott rechtswidrig?


Wer eine öffentliche Leistung in Anspruch nehmen will, die dafür geforderten Gebühren jedoch nicht bezahlt, begeht damit keine Ordnungswidrigkeit und erst recht keine Straftat, sondern muss höchstens damit rechnen, die gewünschte Leistung nicht gewährt zu bekommen. Daher sind weder die Organisation des Boykotts noch die Teilnahme daran rechtswidrig.

Im Gegenteil bestehen verschiedene rechtliche Zweifel, ob die geforderte Gebühr überhaupt mit geltendem nationalem und internationalem Recht vereinbar ist.


Kann man für die Teilnahme am Boykott exmatrikuliert werden?


Grundsätzlich kann die Hochschule jede Person exmatrikulieren, welche die Voraussetzungen für die Rückmeldung nicht erfüllt. Dazu gehört auch die Zahlung der neuen Studiengebühr. Eine Exmatrikulation auf Grund von nicht bezahlten Studiengebühren kann niemals plötzlich, sondern erst nach mindestens einer Mahnung vollzogen werden.


Ist es wahrscheinlich, dass die TeilnehmerInnen exmatrikuliert werden?


Sollten wider Erwarten zu wenige Studierende am Boykott teilnehmen, d.h. das Quorum wurde nicht erreicht und die kompletten Beträge fristgerecht an die Universität überwiesen, ist keine Exmatrikulation möglich.

Wenn 25% der Studierenden teilnehmen, müsste die Universität ca. 4500 Studierende exmatrikulieren. Dies hätte zur Folge, dass das System der Mittelverteilung auf die einzelnen Hochschulen völlig zusammenbrechen würde, weil sich dieses maßgeblich auf die jeweiligen Studierendenzahlen stützt, das heißt die einzelnen Hochschulen bekommen pro StudentIn Mittel für Lehre und Forschung, die dann ausbleiben würden.

Zudem würde eine derart drastische Maßnahme enormes öffentliches Aufsehen erregen und das Ansehen der Landesregierung und der Universität nachhaltig schädigen. Da ein breiter gesellschaftlicher Konsens darüber besteht, dass mehr akademisch gebildete Kräfte gebraucht werden hat niemand Interesse daran Studierende endgültig aus dem Studium zu drängen. Die Universitäten müssten nach Zwangsexmatrikulationen die dadurch ausgelösten Folgeprobleme bewältigen und Studierende zurückgewinnen. Folgen wären erhebliche verwaltungstechnische Probleme, welche die Behörden in der Praxis mit dem zur Verfügung stehenden Personal nicht bewältigen könnten. Betroffen und überfordert wären zum Beispiel folgende Verwaltungsbereiche: Studierendensekretariate, Universitätskassen, Prüfungsämter, Institute mit studentischen Hilfskräften, BAFöG-Ämter, Wohnheimverwaltungen, Finanzverwaltungen (Kindergeld etc.), Krankenkassen, Verkehrsbetriebe und weitere.

Insofern scheint eine Massenexmatrikulation in der Praxis nicht durchführbar.


Ist garantiert, dass die TeilnehmerInnen nicht exmatrikuliert werde?


Die TeilnehmerInnen handeln in eigener Verantwortung. Niemand – auch nicht der UStA oder unser Rechtsanwalt – kann eine Garantie abgeben. Der UStA wird sich im gesamten Verlauf der Aktion darum bemühen, die TeilnehmerInnen rückhaltlos, vorallem über bestehende Risiken zu informieren und diese zu minimieren. Informationen zu möglichen Risiken sind auf www.usta.de verfügbar. Generell können Fragen auch direkt an die Boykottberatung im Büro der UStA gestellt werden. Die Beratungszeiten sind auf www.usta.de veröffentlicht.


Wer kann am Boykott nicht teilnehmen?


Grundsätzlich sind alle Studierenden aufgerufen, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und am Boykott teilzunehmen. Es gibt jedoch einzelne Ausnahmen, in denen der UStA von einer Teilnahme abrät, weil das persönliche Risiko zu hoch ist. Zum Beispiel gilt dies für ausländische Studierende aus Nicht-EU-Staaten, welche die Immatrikulationsbescheinigung für die Verlängerung ihres Visum (Aufenthaltserlaubnis) benötigen und durch Abschiebung bedroht wären.

Wer einen Studienkredit bei der L-Bank aufnimmt, kann leider nicht direkt am Boykott teilnehmen, da die Bank das Geld direkt an die Universität überweist, es bestehen jedoch trotzdem Möglichkeiten zur Unterstützung des Boykotts (näheres unter www.usta.de).

Über eventuelle weitere Gründe wird der UStA laufend auf seiner Webseite www.usta.de informieren.


Bekommt man rechtzeitig eine Immatrikulationsbescheinigung fürs Bafög-Amt?


Da die Immatrikulationsbescheinigungen erst nach der Überweisung des Semesterbeitrages verschickt werden, erhältst du diese erst nach Erfolg oder Scheitern der Boykottkampagne. BAföG-Anträge Können allerdings auch ohne Abgeben der I-Bescheinigung gestellt werden, unter dem Hinweis, diese nachzureichen. Dieses muss dann innerhalb einer vorgegebenen Frist geschehen, die gegebenenfalls auch noch einmal verlängert werden kann. Da BAföG-Anträge aber meist im WS gestellt werden und ein Jahr gelten, gibt es damit nur in Ausnahmefällen ein Problem.

Wo kann man sich weiter informieren?


Weitere Informationen zum Boykott in Karlsruhe und Gutachten zum Thema Studiengebühren sind auf www.usta.de zugänglich bzw. verlinkt, es gibt darüber hinaus auch die Möglichkeit die Boykottberatung im UStA-Büro zu den auf der Website veröffentlichten Öffnungszeiten in Anspruch zu nehmen, vor allem bei individuellen Problemen und Fragen. Informationen zum bundesweiten Boykott sind auf www.boykottinfo.de erhältlich.


[1] Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 19.Dezember 1966. In Deutschland wurde der Vertag am 24.11.1973 ratifiziert und gilt seit dem als Bundesgesetz (vgl. Art. 2 und 13).
In Deutsch: www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/Menschenrechte/Download/IntSozialpakt.pdf
Original: http://www.unhchr.ch/html/menu3/b/a_cescr.htm

[2] www.mwk.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/ pdf/studium/studiengebuehren/Gesetz_z_LHsgG.pdf

[3] Rechtsanwalt Rainer Hasenbeck, Lüdersstr. 1, 76275 Ettlingen, Tel.:07243-77861

[4] http://www.usta.de/standard.php/Politik/Boykott/VV_Boykottbeschluss.pdf





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